Mit dieser Ausstellung, die von Christian Witt-Dörring,  MAK Wien, kuratiert wird, widmet sich das MAK Center dem intellektuellen Klima in Wien zur Zeit von R. M. Schindlers Ausbildung und Anfängen als Architekt und beleuchtet den Entwicklungsbogen, der das Europa des 19. Jahrhunderts mit dem West Hollywood des 20. Jahrhunderts verbindet.
10.9.2015—6.12.2015
MAK Center Los Angeles, Schindler House
The Prequel thematisiert das bahnbrechende Kings-Road-Haus von 1922 als direktes Ergebnis der Debatten, die in modernistischen Wiener Kreisen zwischen 1890 und 1914 geführt wurden, während Schindler studierte und zu arbeiten begann. Anhand von Fotos, Zeichnungen und Möbeldesigns blickt die Ausstellung zurück auf die von Otto Wagner gelegten Fundamente und die Reaktionen der nächsten Generation – vertreten durch Adolf Loos und Josef Hoffmann – auf seine Arbeit.

Die Ausstellung ist in vier Abschnitte unterteilt: Im ersten geht es um R. M. Schindlers (1887–1953) Wiener Jahre von 1887 bis 1914. Schindler studierte zunächst Bauingenieurwesen, bevor er an der Akademie der bildenden Künste Otto Wagners Schüler wurde. Als Rebellion gegen den Historismus schufen Architekten um 1900 Gebäude, die auf einer Einheit von Form und Funktion beruhten. Die Entwicklung neuer Materialien und Bautechniken ermöglichte es Schindler, architektonische Formen zu finden, die nicht von strukturellen Zwängen bestimmt waren. Während seiner ganzen Laufbahn blieb er jedoch dem Wiener Imperativ treu, Innen- und Außenbereiche harmonisch zu verbinden. Als Besonderheit in diesem Abschnitt ist eine Sammlung von Zeichnungen aus Schindlers frühen Berufsjahren zu sehen.

Otto Wagner (1841–1918) steht im Mittelpunkt des zweiten Abschnitts von The Prequel. Seine Lehren betonten einen „zweckmäßigen Stil“, der nicht von historischen Stilen, sondern von der Funktion inspiriert war. Für Wagner war der Architekt, der ein Gleichgewicht zwischen Idealismus und Realismus fand, der Inbegriff des modernen Menschen. Er forderte, dass sich Architekturstile gemeinsam mit Technologie und Lebensstil weiterentwickelten. Sein Verständnis von Modernität zeigt sich an namhaften Werken wie der Villa Wagner, der Kirche am Steinhof oder der Österreichischen Postsparkasse.  

Obwohl Adolf Loos (1870–1933) in Schindlers Wiener Jahren nur drei Bauwerke realisierte, waren seine Ideen aus veröffentlichten Artikeln und durch seine Inneneinrichtungen für Treffpunkte wie das Café Museum oder die American Bar weithin bekannt. So stehen diese auch im Zentrum der Ausstellung, gemeinsam mit dem Geschäftsgebäude für Goldman & Salatsch sowie dem Haus Steiner und dem Haus Scheu. Loos vertrat eine rationalistische Interpretation der Moderne: Bei ihm sollte die Individualität der Menschen – und nicht das Design – eine Umgebung dominieren, und seine Raumpläne orientierten sich an den Bedürfnissen der KundInnen. Mit seinem Fokus auf den Raum bot Loos einen wichtigen Orientierungspunkt für den jungen Schindler.

Als Verfechter des Gesamtkunstwerks war Josef Hoffmann (1870–1956) eine Schlüsselfigur der Wiener Secession, gemeinsam mit Gustav Klimt und dem Maler Koloman Moser. Sie alle verneinten jede hierarchische Unterscheidung zwischen bildender und angewandter Kunst und strebten nach der Schaffung ästhetischer, ganzheitlicher Umgebungen, um den negativen Einflüssen der Industrialisierung entgegenzuwirken. 1903 war Hoffmann Mitbegründer der Wiener Werkstätte, die sich der künstlerischen Gestaltung des Alltagslebens widmete. In Bauwerken wie dem Sanatorium Westend in Purkersdorf und dem Palais Stoclet begann Hoffmann (wie auch bald Schindler), seine Entwürfe von ihren strukturellen Elementen zu trennen, zugunsten einer räumlichen Mehrdeutigkeit.
 
R.M. Schindler: The Prequel wird vom National Endowment for the Arts und von der Stadt West Hollywood unterstützt. Ausstellungsdesign von a l m project.

Kurator: Christian Witt-Dörring