15.11.2006—15.4.2007
MAK Kunstblättersaal

Bücher, deren formale Ästhetik dem Geist des Gedruckten angemessen war, wollte Johannes Gachnang (1939–2005) publizieren, als er 1983 mit dem Berliner Kunsthändler Rudolf Springer den Verlag Gachnang & Springer, Bern-Berlin gründete. Geprägt von seiner Persönlichkeit als Künstler und Ausstellungsmacher, entwickelte er ein spezifisches Verständnis vom Buch über Kunst als Kunstwerk. Dieses aufzuzeigen ist Anliegen der Ausstellung.

Die Schau stellt unter anderem sämtliche Publikationen in den Mittelpunkt, die zwischen 1983 und 2005 im Verlag Gachnang & Springer erschienen sind. Sie wurden thematisch angeordnet und in den Kontext von Publikationen anderer Verlage eingebettet – die Zusammenstellung folgt einer Auflistung (Listen 1 bis 6), die Johannes Gachnang anlässlich der Ausstellungsvorbereitungen erstellte. Diese Anordnung lässt erkennen, dass sich Gachnang als Verleger auf Werkverzeichnisse, Schriften von Künstlern sowie Pamphlete konzentrierte und ausschließlich Texte aus erster Hand, originale künstlerische Zeugnisse, herausgab. In der Auswahl der Künstler, Autoren, Themen, graphischen Gestaltungen und Formate achtete er streng darauf, jedes Werk, dem Inhalt angemessen, bibliophil und qualitätsvoll umzusetzen.

Als Künstler interessierten ihn über die künstlerische Gestaltung hinaus naturgemäß spezifische Themen der Kunst. Dazu zählte die Frage nach den subjektiv-mentalen Energien bildschöpferischen Verhaltens jenseits von Gattungen und Kunstsparten, dem Ursprung des „Bildes“. Das Abbild, das Tafelbild – die Malerei allgemein stellte er in immer neuen Konstellationen in Beziehung zueinander. Das Modell „Bilderstreit“, so auch der Titel einer Ausstellung in Köln 1989, gibt Einblick in seine bevorzugte Methode: Künstlerische Persönlichkeiten, einander gegenübergestellt, provozierte er, sich in der Konfrontation zu entfalten und somit den Eigenwert neu zu definieren.


Zusätzlich zu den Publikationen präsentiert die Ausstellung auch Gachnangs graphisches Œuvre sowie eine Auswahl von Zeichnungen und Lithographien seiner Künstlerfreunde Georg Baselitz, Per Kirkeby, Günther Förg, A. R. Penck u.a. Die gezeigten bildnerischen Arbeiten loten Grenzen zwischen Bild und Schrift aus. Mit Wien verbanden Johannes Gachnang zum einen Künstlerfreundschaften, zum anderen war er von 1983 bis 1985 als Gastprofessor mit der Gründung und dem Aufbau des Instituts für Gegenwartskunst an der Akademie der bildenden Künste in Wien betraut.

Um die Horizonterweiterung und Imaginationsfähigkeit seiner Studenten bemüht, ließ er sie etwa zu vergessenen oder fiktiven Kunstdenkmälern Aufsätze schreiben, die er anschließend in einem Sammelband veröffentlichte. Stets suchte er die Konfrontation mit den Studenten und blieb mit ihnen in ständigem Dialog. Im MAK diskutierte Gachnang 1993 anlässlich der Round-Table-Diskussion "Positionen zur Kunst. Künstler im Gespräch" mit Franz West über "Eine kleine Schweinerei". Als Gast von Peter Noever, Direktor MAK, verbrachte Johannes Gachnang mehrere Monate im MAK Center for Art and Architecture, Los Angeles und schrieb dort u.a. unter dem Titel "We thought We Were Living in a Novel" einen Essay über das Schindler House.


Die Ausstellung wurde vom Museum für Angewandte Kunst Frankfurt und dem Verlag Gachnang & Springer in Kooperation mit dem MAK konzipiert. Sie wird nach Stationen im Lindenau-Museum Altenburg, Deutschland und dem Aargauer Kunsthaus, Schweiz abschließend im MAK Wien gezeigt. Diese Retrospektive, noch von Johannes Gachnang konzipiert, soll nach dessen Tod im Oktober 2005 als Hommage an den Künstler und Verleger gedacht sein.

Kuratorin Eva Linhart, Museum für Angewandte Kunst Frankfurt
MAK-Kuratorin Kathrin Pokorny-Nagel, Leitung MAK-Bibliothek und Kunstblättersammlung


Eine Ausstellung des Museums für Angewandte Kunst Frankfurt in Kooperation mit dem Verlag Gachnang & Springer und dem MAK Wien.

Dank an
Wittmann Möbelwerkstätten für das zur Verfügung-Stellen der Kiesler Re-Edition; Verlag Gachnang & Springer, Bern-Berlin.

Publikation "Das richtige Buch. Johannes Gachnang als Verleger", herausgegeben von Eva Linhart, mit Beiträgen von Georg Baselitz, Johannes Gachnang, Eva Linhart, Christiane Meyer-Thoss, Peter Noever, Ulrich Schneider u.a., 172 Seiten, Museum für Angewandte Kunst Frankfurt am Main 2005, EUR 34