12.11.2008—22.2.2009
MAK-Studiensammlung Möbel

„The game is over“, verkündete George W. Bush wenige Wochen vor der Invasion des Irak. Ein Propagandaspruch, der – von der Künstlerin Ingeborg Lüscher als Ausgangspunkt einer gleichnamigen Videoinstallation aufgegriffen und repetitiv gesetzt – zum Umkehrschluss wird. Unberührte Landschaften kontrastieren den Kriegsterror und verweisen auf die Gleichzeitigkeit von Schönheit und Bedrohung. Auf subtile Weise kommentiert die Künstlerin das Szenario Krieg und dessen mediale Vermittlung im Kontext zur Zeitgeschichte – ein Thema, das auch in Hinblick auf die neue US-Präsidentschaft von höchster politischer Relevanz ist.
 

In ihrem konzeptuell geprägten, genre- und medienspezifische Grenzen übergreifenden Werk setzt sich Ingeborg Lüscher mit dem Menschen und gesellschaftlichen Systemen auseinander. Die Künstlerin, die einer Generation angehört, die den Zweiten Weltkrieg selbst erlebte, greift in ihrer Videoinstallation The Game Is Over das Szenario Krieg und dessen mediale Vermittlung im Kontext des Irakkonflikts auf – ein Thema der Zeitgeschichte, das auch in Hinblick auf die neue US-Präsidentschaft Jänner ab 2009 von höchster politischer Relevanz ist.

Das Verhältnis zwischen Kunst und Macht, Kunst und Krieg oder Kunst und Terror war immer ambivalent; die Kunst als Vehikel politischer Propaganda und Heroisierung findet seine Fortsetzung in der Instrumentalisierung zeitgenössischer Medien. Jede politische Aktion wird von den Medienakteuren wahrgenommen, beschrieben, abgebildet, interpretiert, wodurch multiple Realitäten geschaffen werden. In diesem Sinn findet eine Aktion, die nicht durch den medialen Sender vermittelt wird, niemals statt und eine mythische Figur, es sei denn diese wird medial inszeniert, existiert nicht. Im Gegenzug verlangen die Medien – im Namen der Öffentlichkeit – nach Image, Bewegung und Sensation. Die Maschinerie medialer Berichterstattung wurde gleichsam zum „Perpetuum Mobile“ und produziert eine Bilderflut rund um den Globus.

Als Ausgangspunkt für ihre im MAK gezeigte Arbeit wählte Lüscher ein Zitat von George W. Bush: Im Februar 2003, wenige Wochen vor der Invasion des Irak, verkündete der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika „The game is over“, vielfach wiederholt in den internationalen Medien und von der Künstlerin in ihrer Installation repetitiv eingesetzt; der „Propaganda- spruch“ von einst versteht sich hier als Umkehrschluss. Lüscher entwickelte ein kaleidoskopartiges Gegenbild zur permanent scheinenden Präsenz des Krieges in den Medien. Sequenzen einer „Reise“ durch meditative Naturlandschaften – aufgenommen in den Wüsten von Kalifornien und Nevada, in der Arktis, dem Gotthardmassiv und im Tessin – kontrastieren den Terror und unterstreichen die Gleichzeitigkeit von Schönheit und Bedrohung.


„Für den Betrachter soll es mehr eine Erfahrung, als eine Information sein, mehr den Solarplexus berühren als den Intellekt. (…) Folgt der hypnotischen Ruhe der Schönheit das Aufschrecken durch die Tagesaktualität als etwas Unerwartetes oder können wir uns nicht mehr der Schönheit hingeben in ständiger Erwartung des Schrecklichen?“, so die Künstlerin zu ihrer Installation.

Ingeborg Lüscher, geboren 1936 in Freiberg, Deutschland, lebt seit 1967 in Tegna, Tessin, Schweiz. Ihre Arbeiten in den künstlerischen Medien Malerei, Fotografie, Skulptur, Installation, Video und Film wurden in den vergangenen Jahrzehnten bei zahlreichen Einzelausstellungen – u.a. im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, Frankreich, im Gemeentemuseum Den Haag, Niederlande, im Centre d’Art Contemporain, Genf, Schweiz – sowie bei Gruppenausstellungen, auf etlichen Biennalen, der documenta 5 (1972) und documenta IX (1992) präsentiert.


Ausstellung Ingeborg Lüscher, Peter Noever
Kuratorin Bärbel Vischer
 

Mit freundlicher Unterstützung der Stanley Thomas Johnson Stiftung und von Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung